Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) informiert:

Gelenkersatz und Sport – ist das möglich?

 

Durch die erfolgreiche Weiterentwicklung des endoprothetischen Gelenkersatzes an Hüfte, Knie und Schulter stehen nun auch Endoprothesen für jüngere, körperlich aktive Patienten zur Verfügung. Durch die Steigerung des Aktivitätsniveaus bei den über 60- bis 70-Jährigen finden sich in dieser Patientengruppe zunehmend Menschen mit vergleichsweise hohem sportlichem Funktionsanspruch und mit spezifischeren Bedürfnissen. Im Rahmen der Indikationsstellung zur Endoprothese spielt für eine wachsende Anzahl von Patienten nicht nur die Frage nach der grundsätzlichen Sportfähigkeit eine bedeutende Rolle, sondern auch nach der Erreichbarkeit des sportlichen Niveaus wie vor der Operation.

 

Auswirkungen der sportlichen Aktivität auf das Kunstgelenk – wissenschaftlich bisher nicht konkret definiert
Man differenziert Sportarten nach Intensität, Dauer und Frequenz der unmittelbaren mechanischen Belastungen auf das Kunstgelenk:


Low-impact Sportarten
Walken, Wandern, Schwimmen, Fahrradfahren, Tanzen, Golf, Langlaufski


High-impact Sportarten
(mit abrupten Drehbewegungen, Belastungsspitzen zum Beispiel durch Sprünge)
Squash, Fußball, Handball, Volleyball, Basketball, Ski alpin, Joggen


Während beispielsweise beim Fahrradfahren Kräfte in der Größenordnung des 1,1-fachen Körpergewichtes auf das Knie wirken, ist es beim normalen Gehen das 2- bis 3-fache und beim Tennis sogar das fast 4-fache des Körpergewichtes.


Einerseits fördert eine regelmäßige mechanische Belastung bis zu einem gewissen Grad die Knochenqualität, begünstigt somit  das knöcherne Einwachsen der Prothese und reduziert das Risiko eines Knochenbruches im Bereich des Kunstgelenkes. Der gut trainierte Muskelapparat vermindert die unmittelbare Gelenkbelastung und dient der Stabilität. Außerdem werden koordinative Fähigkeiten verbessert und somit das Sturzrisiko vermindert.


Andererseits besteht eine direkter Zusammenhang zwischen der mechanischen Überbelastung und der Implantatlockerung.

 

Sportliche Aktivität mit Endoprothese ist möglich!
Eine große Mehrheit der Patienten, die vor der Operation körperlich aktiv war, ist auch nach dem Einbau eines Kunstgelenkes im nahezu gleichen Ausmaß in der Lage, Sport zu treiben.

 

Nach einem Ruheintervall von 3 bis 6 Monaten nach der Operation kann mit Low-impact-Sportarten begonnen werden. Empfehlungen für Knieendoprothesen sind im Allgemeinen deutlich restriktiver als für Hüftendoprothesen. Bei Schulterprothesen jedoch sollte mit Low-impact-Sportarten erst nach 5 bis 7 Monaten begonnen werden. Die Empfehlung des Operateurs fällt in der Regel wesentlich liberaler aus, wenn die Sportart schon vor der Operation ausgeübt wurde.


Die Empfehlung des Operateurs im Einzelfall ist abhängig von der Konstitution und den Bedürfnissen des Patienten


Da bei ca. 50 Prozent der jüngeren Endoprothesenträger nach Implantation des Gelenkes der Wunsch besteht, wieder Sport zu treiben, muss der Operateur den Patienten hinsichtlich seiner sportlichen Fähigkeit individuell unter Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses beraten, so rät die DGSP.


Bei Freizeitsportlern sollte bei der Planung, nach der Operation wieder eine sportliche Aktivität zu erlangen, eine Abwägung zwischen dem Erreichen einer sportbezogenen Lebensqualität für den Patienten und der Haltbarkeit (Standzeit) der Prothese erfolgen.

 

In Studien konnte man zeigen, dass bei Leistungssportlern aus dem Bereich des High-impact Sports, die nach dem Einbau einer Endoprothese ihr Training wieder aufnahmen, oftmals vielversprechende sportliche  Niveaus erreicht wurden.


Die Bandbreite der möglichen Belastungen mit einer Endoprothese ist also individuell sehr groß.

 

 

Frankfurt, den 26. Januar 2017


Experten zu diesem Thema vermittelt:
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DGSP im Kurzportrait: Die 1912 gegründete Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) ist die zentrale ärztliche Institution auf den Gebieten der Sportmedizin sowie der Gesundheitsförderung und Prävention durch körperliche Aktivität. Neben der Förderung von sport- und präventiv¬medizinischer Forschung, Lehre sowie Fort- und Weiterbildung setzt die DGSP viele Projekte zur Erhöhung der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung um. Sie ist die Vereinigung der 17 Landesverbände für Sportmedizin und mit ihren 8000 Mitgliedern eine der größten wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland. 2012 feierte die deutsche Sportmedizin ihr einhundertjähriges Bestehen. Dem Präsidium gehören an: als Präsident Professor Dr. Klaus-Michael Braumann (Hamburg), als Vizepräsidenten Dr. Ingo Tusk (Frankfurt am Main), Dr. Thomas Schramm (Köln), Professor Dr. Bernd Wolfarth (Berlin), Professor Dr. Wilhelm Bloch (Köln) und Professor Dr. Christine Graf (Köln). Generalsekretär ist Professor Dr. Rüdiger Reer (Hamburg). Ehrenpräsidenten sind Professor Dr. Dr. Wildor Hollmann (Köln) und Professor Dr. Herbert Löllgen (Remscheid).